So war's... Jubiläumsveranstaltung: 10 Jahre Lernwerkstatt Erziehungswissenschaften
Am 09. und 10. Juni 2015 jährte sich die Eröffnung der Lernwerkstatt Erziehungswissenschaften am jetzigen Standort als fächerübergreifend angelegte Einrichtung der gesamten Fakultät zum zehnten Mal. Im Rahmen der Jubiläumsfeier „10 Jahre Lernwerkstatt Erziehungswissenschaften“ wurden Gedanken über die mögliche zukünftige Funktion der Lernwerkstatt in der halleschen Lehrer_innenbildung angeregt.
Vorträge, Diskussionen und Workshops hallescher und auswärtiger Referent_innen (Prof. Dr. Georg Breidenstein, Prof. Dr. Rolf-Torsten Kramer, Prof. Dr. Johannes Gunzenreiner (CH), Ute Moritz (Wolmirstedt), Nadja Kulig (Halle), Nele Zeyn und Georg Bichegkuyev, Dr. Dietlinde Rumpf und Miriam Schöps) zum Thema „Lernwerkstätten und die Professionalisierung von Lehrer*innen in einer zukünftigen Schule“ boten dazu zahlreiche Möglichkeiten, die über 50 Studierende, Dozierende sowie Lehrer_innen und Pädagog_innen aus sachsen-anhaltinischen Schulen nutzten. Theatrale und musikalische Beiträge rundeten das Programm ab.
Videoauswertung, Hauptvortrag und Workshops - Was waren die Inhalte?
Am Abend des 9. Juni wurden unter Leitung von Prof. Dr. Georg Breidenstein Videosequenzen aus der Dokumentation eines Lernwerkstattprojekts mit Schülern des Georg-Cantor-Gymnasiums diskutiert. Hier wurden u. a. Fragen nach dem Ursprung von Interessenentwicklung in lernwerkstattartigen Lernsettings und der Problematik der Offenheit (auch für Scheitern) und Freiwilligkeit im derartigen Schulkontext erörtert.
Am 10. Juni 2015 eröffneten die Grußworte des Dekans, Prof. Dr. Torsten Fritzlar, und des Rektoratsmitglieds und Direktor des ZLB, Prof. Dr. Thomas Bremer, die Veranstaltung. Dr. Dietlinde Rumpf erinnerte im historischen Rückblick über die Entwicklungen der letzten 20 Jahre an Wegbereiter wie Prof. Meinert Meyer, Dr. Ute Schelenz, Prof. Dr. Eva Maria Kohl u.a.m. und Vorgänger-Institutionen, die zur Einrichtung der heutigen Lernwerkstatt führten. Miriam Schöps erörterte die aktuellen inhaltlichen Orientierungen in der Arbeit der Lernwerkstatt, die sich als Raum für Selbsterfahrung und reflektiertes pädagogisches Probehandeln in einer veränderten Lernkultur verstehen möchte und in ihren Angeboten Schwerpunkte auf entdeckend-forschendes Lernen, Lernbegleitungshandeln und materialgeleitetes Lernen setzt.
Im Hauptvortrag zum „Problem der Professionalisierung des Lehrerhandelns in der universitären Lehrerbildung und dem möglichen Stellenwert der Lernwerkstatt dabei“ stellte Prof. Dr. Rolf-Torsten Kramer anschließend an die Professionalisierungsdebatte als zentrale Aufgabe der Lehrer_innenbildung das Ausbilden eines professionellen oder professionalisierten Habitus heraus. Dies könne insbesondere durch die Prinzipien der Fallorientierung und der Exemplarität in der Lehre, Verwirklichung eigenverantwortlicher, selbstreflexiver Bildungsprozesse und die Auseinandersetzung mit der eigenen Bildungsbiographie unterstützt werden. Dafür sieht er ein Potential von Lernwerkstätten im o.g. Sinn besonders im Bereich nicht-verwertungsbezogener Erfahrung und Reflexion der eigenen Person und des eigenen pädagogischen Handelns. In Ergänzung zu den kasuistischen Lernangeboten am Institut könne die Lernwerkstatt als ‚Gegenort‘ (oasenartiger Erfahrungsort, vgl. Hagstedt), als möglicher Orte der „Krise durch Muße“ im Oevermannschen Sinn fungieren. Es ist demnach zu bedenken, wie bestehende Bausteine des Lernwerkstattkonzepts weiter geschärft werden können, um zur Unterstützung einer professionellen Haltung Muße zu ermöglichen und die Bildung des Berufshabitus selbst zum Gegenstand zu machen.
Am Nachmittag bestand die Möglichkeit, sich im Workshop von zwei Studierenden (Nele Zeyn und Georg Bichegkuyev) in das Lehrendenhandeln als Lernbegleitung einführen zu lassen oder sich mit den Lehrerinnen Ute Moritz und Nadja Kulig – gemeinsam mit Schüler_innen – über zwei Konzepte von Lernwerkstattarbeit an Sekundarschulen in Halle und Wolmirstedt auszutauschen. Diese Angebote wurden insbesondere von Studierenden (Seminar Christiane Lähnemann u.a.) und Pädagog_innen genutzt. Prof. Dr. Johannes Gunzenreiner stellte zeitgleich das kombinierte Konzept von Lernwerkstattarbeit am Regionaldidaktischen Zentrum Gossau als Verknüpfung von Lehrer_innenfortbildung, Lehrangebot der PH St. Gallen und Schulklassenprojekt einigen Dozierenden vor.
In der abschließenden Diskussion zur Zukunft der Lernwerkstatt wurden unter anderem Forschungsmöglichkeiten erörtert und der Wunsch nach Deinstitutionalisierung und mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten durch das Kollegiums geäußert.
...und wie geht es weiter?
Der Abend fand im feierlichen Rahmen – tatkräftig unterstützt durch die Fachschaft und die Interessenvertretung Lehramt – seinen Ausklang. Die Frage nach dem weiteren Umgang mit den Anregungen bleibt. Wir hoffen auf eine Fortsetzung der insbesondere durch Professor Kramer angeregten, gemeinsamen Überlegungen zur lehr-/forschungsorientierten Nutzung der Lernwerkstatt sowie auf zunehmende fakultätsinterne Kooperation und schlagen dazu ein regelmäßiges Lernwerkstatt-Entwicklungsgespräch (ein Mal im Semester) vor, zu dem alle Fakultätsmitglieder herzlich eingeladen sind. Weiterhin werden wir im Wintersemester eine Einführung für Dozierende anbieten. Für Rückmeldungen zu diesen Vorschlägen an die bekannte Adresse lernwerkstatt@paedagogik.uni-halle.de sind wir dankbar.
Das Team der Lernwerkstatt bedankt sich herzlich für die Beteiligung der Universitätsmitglieder, für die zahlreichen Entwicklungs- und Reflexionsimpulse.